2015 haben wir in der Siedlung Oporów (Opperau) eine Professorenlichtung gegründet in einem Teil, den wir Akademischer Hain nennen. Ich habe mich über das Ekocentrum beim Nationalfonds für Umwelt- und Gewässerschutz um finanzielle Mittel beworben. Es ging uns darum ein Denkmal den Professoren aus Oporów zu errichten, die hier 1945 gekommen sind. Die Idee war kein Steindenkmal zu bauen, sondern gerade Bäume als Denkmal gelten zu lassen. Als wir angefangen haben, die Professoren zu zählen, hat sich herausgestellt, dass es viel mehr waren, als wir anfangs angenommen hatten. Ich habe 70 Hainbuchen bestellt. Plötzlich meldeten sich Familien und Verwandte dieser Professoren, und da es gerade Feierlichkeiten zum 70jährigen Jubiläum der Polnischen Wissenschaft in Wrocław veranstaltet wurden, wurden 70 Hainbuchen eingepflanzt.
Warum Hainbuchen? Sie haben einen geraden, starken Stamm und hartes Holz, deshalb assoziiert man sie mit ehrgeizigen, beharrlichen Menschen mit hehren Ideen. Die Hainbuche ist auch ein Heilbaum – sie wirkt in ihrer Umgebung wie ein Arzt. Sie passte zu den Charakteren der Menschen, die hierhergekommen sind und die schwierigen Zeiten überstanden haben, indem sie widerstandsfähig waren und daran fest geglaubt haben, dass es sich hier doch etwas bauen lässt. Auf dieser Lichtung wuchsen bereits Eichen und Apfelbäume, so pflanzten wir noch Linden in der Mitte ein – acht Linden, wie acht Wissenschaftsbereiche. Die Linden werden sich künftig schließen und einen eigenen Raum bilden. So gab es auf der Lichtung die Eiche – ein starkes Symbol von Wrocław und die Linde – das Symbol des Wissens. Menschen wunderten sich, warum ist gerade eine Linde das Symbol des Wissens. Eine Linde ist sehr nützlich, sie lockt Bienen an. Sie ist ein sehr freundlicher Baum und der zweite – neben einer Eiche – heilige Baum. Ein Apfelbaum ist der Baum des Lebens. Paradiesapfelbaum. So wie andere Bäume besitzt auch dieser Baum seine Symbolik. Das hat den Menschen hier sehr gefallen. Als wir auf kleinen Tafeln die Symbolik der Bäume, die sehr oft noch in auf die slawische Zeit zurückgeht, aufgeschrieben haben, sind alle gern näher gekommen und haben es gelesen. Ich glaube, es hilf dann besser die Bäume zu erkennen, sie sich besser zu merken. Direkt nach dem Krieg haben sich hier Pioniere niedergelassen, das Stadtzentrum war zerstört. Es entstanden da zwei Enklaven – die Gegend von Sępolno (Zimpel) und Zalesie (Leerbeutel) und eben Oporów, das damals noch nicht zu Wrocław gehört hat, doch an der Stadtgrenze lag. Es gab dort eine ziemlich große Siedlung, die im Krieg unbeschädigt blieb und viele Professoren haben sich dort niedergelassen. Da funktionierte auch eine akademische Schutzgruppe, die die Professoren abends nach Hause begleitete. Es waren immer noch unruhige und gefährliche Zeiten. Wenn es hier in den ersten Nachkriegsjahren 70 Professoren gab, da kann man sich vorstellen, wie groß diese Kolonie von Menschen war, die sich kannten und mit ganzen Familien hier gewohnt haben. Es war meistens Import aus Lviv (Lemberg), einige Personen aus Kraków. Es gab auch Professoren aus Warszawa. Die Hauptstadt war zerstört, bevor da alles neu organisiert wurde, haben vor allen junge Wissenschaftler versucht, hier ihren Platz zu finden. Dann sind sie ziemlich schnell in die heimische Gegend zurückgekehrt, doch manche sind hier geblieben. In Oporów haben wir jetzt Straßen, benannt nach den Professoren, die dort gewohnt hatten.
In dem bereits erwähnten Jahr 2015 wurde eine wunderschöne Feier veranstaltet – Familien dieser Professoren haben sich getroffen, um gemeinsam die Bäume einzupflanzen. Sie erzählten: „Und mein Opa ist hierher gezogen, er war ein Pionier und ich arbeite auch an der Universität und bin bereits die dritte akademische Generation in der Familie”. Es war sehr rührend. Menschen haben uns gebeten, jedes Jahr ein Zusammentreffen hier zu organisieren. Es war nicht einfach, doch es integrierte diese Gemeinschaft erneut. Die Zusammentreffen an den Bäumen beruhten auf Erzählungen und Erinnerungen: „Und weißt du es noch, wie wir uns hier getroffen haben?”, „Jemand hat Kompotte gekocht”… Einer der Professoren hat seine Lieblingsschwertlilien gehabt und hat sie im Garten gezüchtet. Viele Erinnerungen an Menschen, die dort gewohnt haben.
Nachdem wir die Bäume eingepflanzt hatten, machten wir Pfosten und wir strichen sie rot an. Obwohl die Bäume noch klein sind, ist die ganze Lichtung sehr gut sichtbar. Menschen haben darauf geschrieben, z.B.: „Das ist von meinem Opa”. Ich war ein wenig dagegen, denn ich befürchtete, wenn so ein Baum stirbt, dann wird jemand traurig sein. Es war mir lieber, dass sie denken, dass die ganze Lichtung eine Gedenkstätte ist. Es war angenehm, wenn sie dann hin und wieder angerufen haben und gesagt haben, dass sie ein Düngemittel bringen möchten oder auch gefragt haben, was sie machen, wie sie dann helfen könnten. Dies ist eben die emotionale Bindung mit den Bäumen. Menschen kommen, jäten, fühlen sich verantwortlich und wollen sich um die Bäume kümmern. Es funktioniert ganz schön.